Gestalttherapie ...
... passiert vielleicht so:
Sie treten ein und fühlen sich willkommen.
Bei allem, was Sie äußern, wie sie sich geben, werden Sie nicht bewertet, sondern wohlwollend angenommen. Sie erfahren Wertschätzung für Ihr So-geworden-Sein, auch und gerade für die Anteile, mit denen Sie selbst auf Kriegsfuß stehen.
Ihr Gegenüber macht Sie behutsam darauf aufmerksam, wie Sie sich verhalten, behindern, wie Sie ausweichen, kluge Erklärungen finden, unklar werden …
Zunächst hören Sie vielleicht nur Kritik, machen daraus „Ich bin falsch, ich bin unzureichend!“, bemerken Ihr Unwohlsein gar nicht und verkriechen sich schnell wieder in Ihrem Schneckenhaus der eingeübten Verhaltensmuster: Schutz und Verteidigung durch Rückzug. Andere werden vielleicht laut oder beißen (verbal) um sich, finden noch mehr Argumente …
Nun bringt Ihr Gegenüber dieses Verhalten in den Fokus. Erstaunlicherweise bleibt sein Wohlwollen erhalten. Sie erfahren im Austausch, dass die Rückmeldungen keine Aufforderungen sind, anders sein zu sollen, sondern einfach Beschreibungen dessen, was und wie Sie alles sind. Zunächst schämen Sie sich vielleicht dafür, dass jemand Sie so sieht. Tränen fließen. Auch das ist gut aufgehoben und wird gehalten. Niemand versucht, Ihnen irgendetwas ein- oder auszureden.
Das ist der Ausgangspunkt.
Das erleben Sie bei allen Schwierigkeiten, Problemen, Nöten, die Sie im Therapieraum ausbreiten: Sie werden von allen Seiten betrachtet, gewürdigt. Und dann können Sie probehalber ungewohnte Perspektiven entwickeln, etwas Anderes versuchen, neue Erfahrungen machen. Wenn Sie das wollen. Wenn nicht, richtet sich die Aufmerksamkeit Ihres Gegenübers vielleicht auf diese Weigerung: wofür ist sie wichtig, was gilt es zu schützen, oder wie kriegen Sie etwas nicht hin. Oft hilft Humor, mit dem Gefühl der Unzulänglichkeit oder gar des Versagens umzugehen.
So lernen Sie allmählich, Ihre Macken und Begrenzungen anzunehmen, neue Möglichkeiten eröffnen sich, das Leben fühlt sich runder an. Lebenswerter. Es gibt Momente tief empfundener Freude, großer Zufriedenheit, innerer Ruhe und Stärke.
Das Ehepaar Fritz und Lore Perls, die beide Psychoanalytiker waren, entwickelten in den 1940er Jahren im südafrikanischen Exil (beide waren deutsche Juden und mussten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen) die ersten Ansätze einer neuen Therapieform. Zusammen mit dem Sozialphilosophen und Schriftsteller Paul Goodman entstand dann 1951 in den USA das Gundlagenwerk der „Gestalttherapie“, wie die Begründer ihren Ansatz nannten: Gestalttherapy. Excitement and Growth in the Human Personality (auf deutsch: Perls, Hefferline, Goodman: Gestalttherapie. Grundlagen der Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung; Gestalttherapie. Zur Praxis der Wiederbelebung des Selbst)
Was ihnen bereits damals vorschwebte, war ein sehr ganzheitlicher Ansatz, um eine Person umfassend verstehen und sie entsprechend unterstützen zu können in ihrem persönlichen Wachstum, bei Reifung und Heilung.
In ihrer Arbeit findet sich eine grundlegende Auseinandersetzung mit Freuds Psychoanalyse ebenso wie mit Wilhelm Reichs Körpertherapie, der Gestaltpsychologie, der humanistischen Psychologie, dem Dialogischen Prinzip Martin Bubers, der Feldtheorie Kurt Lewins und anderen.
Auch ihre ganz persönlichen Erfahrungen und deren Reflexion flossen in ihr Konzept mit ein, zum Beispiel der Zen-Buddhismus, der körperorientierte Ausdruck im Tanz, die eigenen Erfahrungen von Krieg und Vertreibung.
... Fortsetzung ist noch in Arbeit ...